Dienstag, 9. Juli 2024

Wiederbegegnung mit dem Milieu des Gängeviertels in der Hamburger Neustadt - 70 Jahre später, davon 27 Jahre mit der Parkinson-Krankheit

Von 1949 bis 1968 lebte der Blogger mit seiner Familie in der Pastorenstraße 16, 4. Etage mit Balkon und Badezimmer nklusive Badewanne. Letztgenanntes Symbol für gehobene Körperpflege und Entspannung opferte die Familie aus sechs Personen bestehend zu Gunsten der ordentlichen Unterbringung von drei Waisenkindern (Gisela Spitzkeit als Cousine, Jutta und Rudi), deren Stiefvater Walter Gafert mit seiner Mutter, Louise Gafert, sowie der Mutter beider Schulkinder, Hildegard Gafert, verwitwete Rindermann, geborene Hinsch. _______________________________________________________________________________ Die Wohnung bestand aus zwei kleinen Wohnzimmern, einem größeren Schlafzimmer und einer Wohnküche. - Doch irgendetwas stimmte nicht an dieser Lokalität - jedenfalls aus dem Blickwiinkel des im Jahre 1949 vvom Hamburger Stadtteil Eimsbüttel in die Pastorenstraße gezogenen Knaben Rudi. Möglicherweise kam ich mir damals schäbig vor, daß wir Kinder unseren Eltern das propere Badezimmer vorenthielten. Morgens standen nacheinander 6 Personen in der Wohnküche am Handstein mit fließend kaltem, aber ohne warmen Wasser. "Det war Zille sin iMllljöh", so möchte man es nacchträglich beschreiben. Und von unserem Kinderzimmer-Fensterchen nach hinten hinaus auf die Rückseite des Michels zeigend, konnten wir auch in die winekeligen Gässchen der Krameramtsstuben hinunter und hinein blicken.
Dorthin schauten wir, wo damals die vom Zeichner und Maler Zille festgehaltenen Verhältnisse noch unterboten wurden; katastrophal insbesondere die Entsorgung, kurz gesagt. Aber zum Glück gab es ja auch noch die blecherne Zink-Badewanne, die mit heißem Wasser aus großen Kochtöpfen aufgefüllt wurde, das - wie beim Wäschewaschen auf den Herd-Platten auf Temperatur gebracht wurde. Und es gab die Wäscherei von Willem Wulff. "Schiet un Smeer op Jack un Büchs - bring all'ns her, uns mokt dat nix. - Spucks' ok dine gröus'dn Bogen, Willlem wasch di Hemd un Krogen! - Sünnachs wedder eisch in Schale: Jümmer fiensten Mann im Saaale. Weer witte Wäsch wüll, wält Willem Wulff! "
Das freizügige Spazierengehen und Umherschlendern nach Lust und Laune ist eine der erst wieder im Juni 2024 hinzu gewonnenen KOmpetenzen des Bloggers. In den Jahren seit cirka 2009 konnen sie die erarbeiteten, dann aber wieder verloren gegangenen Fertigkeiten der Fortbewegung hier im Blog selbst verfolgen (vgl. besonders den Post vom 01.09. 2019; Herzen zur Mördergrube gemacht). Notwendige Voraussetzung dafür war die sorgfältige Aufarbeitung einzelner Erlebnisse der Kindheit, die in ihrer Abfolge und Summe sich in ein merkwürdiges Szenario wandelten. Dies fühlt sich so an wie das Umher-Stromern des Schuljungen Rudi im Alter von 10 - 15 Jahren. Man fühlt sich top fit und gut gewappnet zur Abwehr möglicher Bedrohungen und Angreifer. Nichts ist spannender als die Begegnung mit bisher fremder Kulturen, Menschen und Länder. "Blbß bald raus aus der Trümmerwelt des Nachkriegs-Hamburg!" - Anfang der 50er Jahre war die Hamburger Neustadt mit dem benachbarten Heiligengeistfeld und der Vergnügungsmeile der Reeperbahn von den Folgen der verheerenden Bombardierung durch britische Flugzeuge der alliierten Streitkräfte ("Aktion Gomorrha") gekennzeichnet. Damals ragten auf dem Heiligengeistfeld noch die riesigen Betonklötze der zwei Hochbunker in den Himmel. Unser Nachbarhaus, Pastorenstraße 14, war in den letzten Tagen des II. Weltkrieges von Bomben getroffen und zerstört worden. Für uns KInder eine Art verwunschener Ort - Daraus entwickelte sich ein Rückzugsort für uns, wenn "Straßenkinder" aus der Nachbarschaft in den Trümmern nach Habseligkeiten auf der Suche waren. Einige schmerzhafte Blessuren, die wir uns dort eingehandelt hatten, erwiesen sich noch als Späfolgen unüberlegter Abenteuer und Wagnisse dort auf schlüpfrigen Boden... Zunächst galt: Dies ist unser Revier; von hier vertreibt uns niemand. Wir können und wollen uns wehren. In Kriegszeiten waren wir sicher auf dem Lande in Bredenfelde bei Verwandten untergebracht. - Hier in der Pastorenstraße hatten wir sogar einen Stiefvater bekommen, der uns den im Krieg an der Ostfront gefallenen leiblichen Vater ersetzte. "Vati" Walter Gafert wirkte keinesfalls bedrohlich-soldatisch auf uns Schulanfänger damals in der Volksschule Holstenwall 14., einen Katzensprung nur entfernt von der damals berühmt-berüchtigten Peterstraße als Zentrum des dortigen Gänge-Viertels - Die Wohnbebauung der Peterstraße wurde in späteren Jahren total saniert und zu einem attraktiven Wohn- und Kultur-Schwerpunkt in der Hamburger Neustadt ausgebaut. Vati war Maschinenbau-ingenieur. Er entwickelte eine warmherzige Beziehung zu uns Lütten. Unsere Cousine nannte ihn "Onkel Walter". Sie hatte beide Eltern durch eine Fliegerbombardement ihres Behelfsheimes verloren. Vati hatte Gisela in seine Obhut genommen, sie voll in uunsere Familie integriert. Durch die Frohnatur unserer Gisela lernten wir Kleine viele Texte und Melodien von Kinderliedern aus der Vorkriegszeit.(vgl. "Poesie der Schulmädchen" von Inge Paul und Rudi Rindermann, Königswinter 1984) - Insgesamt empfand ich die Atmosphäre in der Pastorenstraße als friedlich und natürlich. ___________________________________________________________________________ alle Fotos hier vom 26. Juni 2024, Pastorenstraße 16 - 18 +_DRUVENHOF_____________________________________________________________________
________________________________________________________________________________ Das Wohnviertel liegt in unmittelbarer Nachbarschaft - Hinterhauswand an Hinterhauswand - der Krameramtsstuben. Diese stammten noch aus dem 17. Jahrhundert und waren als soziale Einrichtung des Krameramteses zu Gunsten der Witwen verstorbener Kaufleute errichtet worden. Das Wohnhaus Nr. 16 der Pastorenstraßs, einer Parallelstraße des Krayenkamps stammte aus dem 19. Jahrhundert und war Bestandteil eines Gebäudekomplexes aus zwei Wohnhäusern und einem in ihrer hinteren Mitte platzierten Gewerbehauses, das auf acht Etagen Handwerks- und anderen Zweigen der Kleinindustrie einen beliebten Standort anbot. Die Etagen waren durch Treppenh#user und geräumige Lasten-Aufzüge nmiteinander verbunden.
Für das Be- und Entladen des Lasten- und Lieferverkehrs steht ein geräumiger Lichthof zur Verfügung, der DRUVENHOF. Durch eine Toreinfahrt zwischen den Wohnhäusern 16 und 18 der Pastorenstraße erreichten LKW den DRUVENHOF. Die flottesten LKWs waren damals die Dreirad-Dieselmotorisierten LKWs von Goliath (hier in Weinrot), Baujahr 1953. - Den Goliath haben wir allerdings in den Räumen des neuen Hafenmusums im Juli 2024 aufgenommen. In den 50er Jahren lieferten die Goliath-Kleinlaster Kohlen für die Einzelöfen in den Zimmern der Häuser Pastorenstraße 16 und 18. Der Blogger wurde als Klein-Rudi zum KOHLENWART für STEINKOHLE, BRIKETT UND EIERKOHLEN ernannt #### nein, nicht er musste die abgefüllten Kohlen zu Fuß hinauf in den 8. Stock schleppen. Dies besorgten die Männer, die am unteren Ende der Skala zwischen Disziplin und Verzweiflung angekommen waren. Sie waren die dunklen Herzen der Stadt. Vgl Titel "Wir waren die dunklen Herzen der Stadt" des Dokumentarfilms über das Leben in den Gängevierteln von Hamburg-Neustadt, Produktion: Andreas Karmers, von Beruf Ambulanter Anstreicher in den Stuben der dortigen Alten- und Witwenstifte.
Leben im eigenen Zeit-Takt in Hamburgs "Nachtjacken-Viertel" in der Neustadt: Wo wohnt ihr? - In der Pastorenstraße beim Michel. - Da wohnt man doch nicht. - Lass mich in Ruhe mit deinem Gigolo! _____________________________________________
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Durch die Peterstrasse führte in den 60er Jahren der Schulweg des Bloggers. Wie man hier sehen kann, hat hat es sich die Stadt Hamburg reichlich etwas kosten lassen, um dieses alte Gängeviertel zu einem attraktiven Wohngebiet auszubauen. __________________________________________ Mittlerweile unternimmt der Parkinson-Coaching Blogger durch das heutige "Komponisten-Viertel" eine Besichtigungsfahrt per Mini-Tretroller. __________________________________________ Den Mitbewohnern des Hartwig Hesse Stifts am Kloevensteenweg fällt auf, dass der Blogger mehrfach tagsüber ohne jede Form der Gehhilfe und ohne jegliche Begleitung in "ungebeugter" Körperhaltung durch die öffentlich zugänglichen Gemeinschaftsräume spaziert. _________________________________________ Mehrfach in der Woche besteigt der Blogger sein e-Trike namens part MOBIL und fährt damit bis nach Wittenbergen an den Elbstrand beim Elbe Camp, von dort aus auch einmal etwas weiter zum Falkensteiner Ufer im Stadtteil Blankenese, auf der recht steilen Berg-auf-Strecke ins Zentrum von Blankenese und von dort aus über die Rissener Landstraße zurück zum HHH am Klövensteenweg. - Zusammengerechnet sind dieses 12 Kilometer Berg-auf/Berg-ab-Strecke.
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