Freitag, 5. April 2019

"Innerer Beobachter" (Gurdjieff) macht sich bemerkbar und beginnt zu führen

Zur kognitiven Restrukturierung, die bei traumabedingtem Parkinsonismus empfohlen wird, gehört eine Art von Psychosynthese der vorher dissoziierten Teilpersönlichkeiten. Hierfür bringt Gurdjieff die von ihm als "innerer Beobachter" bezeichnete Bewusstseinsstufe oder -form in die Diskussion. Er beschreibt ihn als stellvertretenden inneren Haushälter, der stets bemüht ist, Ordnung in das psychische Wirrwarr des Durchschnittsmenschen zu bringen.
(Vgl. Sebastian Schmitz: Der Vierte Weg von Gurdjieff - Ein spiritueller Schulungsweg, Bielefeld 2013, S. 80 ff)
Gut lesbare und verständliche Kurzfassung

Mittendrin versunken in den täglichen Pflichten des allein lebenden Bloggers im 23. Parkinson-Jahr ergriff gestern (04.04.2019, 12 Uhr mittags) der offenbar im Blogger erwachte innere Beobachter erstmalig als solcher fühlbar das Ruder des Handelns: Er empfahl dem Blogger eine eindeutige Schwerpunktbildung zur Nutzung der günstigen Tageszeit und des optimalen Wochentags kurz vor dem Wochenende:

# keine Aktion des Vorkochens für das Wochenende unter Gästen
# keine anstrengende Büroarbeit bei der Abrechnung privater Krankenversicherungs- und Pflegeleistungen - obschon 8 Wochen im Rückstand! (dies wurde heute in 40 Arbeits-Minuten nachgeholt!)
# kein Surfen im Web und
# kein Lesen von Fachliteratur, wie z.B. Stuck On Pause, by Janice Hadlock, Santa Cruz 2016, Ca., U.S.A.
# keine Duft qi gong-Übungen jetzt, dafür am frühen Nachmittag in der Sonne

sondern

# den gegenwärtig im Netz noch unfertig stehenden letzten Post vom 28.03.2019 dieses Blogs redigieren und zum Ende bingen. Klar und gut.

- und was geschah? - Als diese neue Art von innerer Stimme ohne Worte sich beim Blogger durchgesetzt hatte, der Zugang zur Redaktion des Textes geöffnet war, waren gerade 70 Nutzer aus Frankreich registriert. Es fühlte sich so an als hätten diese Nutzer gemeinsam die Frage gestellt :
"Und nun? - was zeigt uns das jetzt? da fehlt doch noch etwas!" -
"OK", befand der Blogger,
und hämmerte die noch fehlenden Teile in den Text des Posts.
Die 70 Nutzer aus Frankreich werden es sicher danken - jedenfalls sind viele noch ein zweites Mal auf der Webseite des Blogs aktiv gewesen.

Der Blogger empfand den gestrigen Vorschlag des "inneren Beobachters" keineswegs als übergriffig oder bindend. Eher so als sei ohnehin glasklar, dass dieser "stellvertretende" innere Haushälter eine "Goldwaage" für die Abwägung aller Alternativen einsetzt und stets ruhig und angemessen sein Arbeitsergebnis vorträgt. -

..und wenn es nicht der "innere Beobachter" war? -
war es vielleicht das Herz, das nach kognitiver Restrukturierung gemäß Burns/Hadlock (Stuck On Pause, Santa Cruz, Ca. U.S.A.) zu sprechen beginnt, wenn ihm eine Stimme zuerkannt worden ist? - Vgl. Posting vom 10.2.2017 in diesem Blog.  Zu Rudy Vandercruisse und seiner anthroposophischen Sichtweise vgl. auch Post vom 10.10.2018 in diesem Blog.
Anthroposoph Rudy Vandercruisse zum Thema "Fühlen mit dem Herzen"


Wieso "stellvertretender" innerer Haushälter? -
Antwort: Bevor nach der Integration von Mini-Ichs und Teilpersönlichkeiten eine achtsame Ordnung eintritt, muß einer diesen Job des Zusammenhaltens beginnen, betreiben und abschließen. Dies ist der "innere Beobachter", der stellvertretende innere Haushälter. Er wird vom 'endgültigen' inneren Haushälter abgelöst, sobald die neue Ordnung erreicht ist.

Einsicht statt Vorschrift - Freizügigkeit statt Zwanghaftigkeit - froher Sinn statt Wahn!

Was ist neu an diesem "inneren Beobachter"?

Frage 1:
Inwiefern unterscheidet sich der nun aufgekommene "innere Beobachter" im jetzt erreichten neurologischen Status von dem gewöhnlichen inneren Beobachtungsposten, wie er im Zustand des Parkinsonismus tagtäglich erlebt wird?

Frage 2:
Wie werden die unterschiedlichen neurologischen Zustände

# ohne Medikation tagsüber einerseits
# mit L-Dopa in Form von Mucuna Pruriens-Extrakt andererseits

neuerdings innerlich empfunden und erlebt?

Antwort auf Frage 1:


Der innere Beobachtungsposten des Menschen mit Morbus Parkinson empfindet sich selbst als Restposten des vor dem Ausbruch der Erkrankung vorherrschen Ichs. In seiner Beobachtung vermeint der innere Beobachter seine verschiedenartigsten Einschränkungen und Defizite als solche identifizieren zu können, wohingegen es für ihn täglich erfahrbar ist, dass die Menschen seines Umfeldes diese inneren Zusammenhänge mit den von außen deutlich werdenden Wirkungen nicht bemerken und berücksichtigen wollen. - Dem inneren Beobachter fehlt jedenfalls die Möglichkeit,
an dieser Diskrepanz zwischen seiner eigenen und der Wahrnehmung seiner Mitmenschen etwas zu ändern. Es ist ihm nicht möglich, diese seine Erfahrung in überzeugende Worte zu fassen und zu äußern. Er hat den Willen etwas Bestimmtes zu tun; es fehlt ihm jedoch an Durchsetzungsvermögen gegenüber anderweitiger Willensäußerungen aus seiner eigenen Psyche.
Nicht einmal die Worte sind zur Hand, mit denen er seine Lage anderen erklären könnte, geschweige denn deren Umsetzung in Taten. Es geschieht nichts. Der Mensch psychisch vor der Selbstauflösung. Gurdjieff würde sagen in einer Art Trance bzw. im Schlaf. offenen Auges.

EXKURS vom 11.04.2019 - doppeltes Schlafen
(So betrachtet würde eine Parkinson-Erkrankung mit ihren Absonderlichkeiten der gestörten Motorik nur sichtbar nach außen machen, was innerlich in jedem Menschen geschieht. Sein neurologischer Schlafmodus sorgt für eine Art innerer Ruhe; nachts und auch tagsüber. Wenn der Blogger im 23. Parkinson-Jahr ohne L-Dopa-Medikation bei einem unachtsamen Gehversuch am  Boden festzukleben scheint, kann er in Achtsamkeit wenige Sekunden später ruhige Beinbewegungen, gesteuert von einem beruhigten Kleinhirn - Cerebellum - zu einem geordneten Gehen zusammenfügen. Offenbar dokumentiert dieser Fall die Möglichkeit des Ausstiegs aus dem automatischen Schlaf-Modus. Ca. acht Jahre Geh-Training und viele Prellungen haben dafür die Voraussetzungen geschaffen! - Es dauert viele Jahre,  bevor das ZNS überzeugt ist, dass nicht wieder ein irrelevantes Teil-ich seinen Willen trotzig durchzusetzen versucht, sondern der  erwachende Mensch spazieren gehen möchte. ) Vgl. auch Post vom 20.02.2018 in diesem Blog betr. Phasen des Schlafes.

Der neu erscheinende innere Beobachter bzw. stellvertretende innere Haushälter hat dagegen eine gänzlich andere Position. Er versteht sich als neu etablierter Sensor für den Empfang des richtigen Willens - er soll aus dem Radiosender-Salat von Willensäußerungen diverser Ichs den bestimmten Sender herausfiltern, den der erkrankte Mensch für seine geistige Reorientierung und Weiterentwicklung hören muss und will.
Der aufgetauchte innere Beobachter ist durchaus in der Lage, seinen Willen in Taten umzusetzen, aber er hat eingesehen, dass seit der Parkinson-Erkrankung vielfache Fehlentscheidungen auf Grund unsinniger Willensvorstellungen getroffen worden sind. Er hört deshalb ab sofort auf den Rat von kompetenter Seite. Kompetenz bezieht sich dabei auf die jahrzehntelang vernachlässigte geistige Ebene. - Experten oder Interessen-Vertreter gelten nicht per se als kompetent!

Antwort auf Frage 2:


Unter L-Dopa-Medikation empfindet der neue "innere Beobachter" den neurologischen Modus eindeutig auf "limbisch/sympathisch" gestellt. Das Biosystem ist auf Warnung vor hoher Gefahr eingestellt; es überschätzt durch die Wirkung des Dopamins des Menschen Fähigkeiten, kann zwar auf bestimmte Herausforderungen gut reagieren, muss dabei aber jederzeit darauf gefasst sein, dass die neurologische Steuerung von sich aus auf "Sturzflug" schaltet (wie die berüchtigte Boeing 737 Max).
Der erkrankte Mensch kann unter Medikation viel weniger als er glaubt. Er leidet unter scheinbarer Kompetenz.

Ohne L-Dopa-Medikation empfindet der neue "innere Beobachter" den neurologischen Modus als auf "limbisch/parasympathisch"eingestellt. Das Biosystem unterschätzt dabei seine Fähigkeiten und neigt zum Ausweichen in "gefahrlose Bequemlichkeit". Hierzu gehört auch die Neigung, einen Rollstuhl tagtäglich einzusetzen, anstatt regelmäßig das sturzgefährliche, hochbedeutende Gehen zu üben. (Vgl. zum Thema Gehen/Walking für Parkinson-Patienten den Post vom 27.10.2015 betreffend Norman Doidge's Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft, "Wie das Gehirn heilt", Frankfurt am Main 2015 und Post vom 10.10.2018 in diesem Blog)
Das Gehen in diesem Modus kann als Schlender-Modus bezeichnet werden.
Der vorher so lange erfolgreiche Marschier-Schritt-Modus ohne L-Dopa-Medikation funktioniert dabei nicht mehr so gut wie vorher. Oft hilft nur noch der Trick "Kick-den-Karton",  um ein sicheres Vorwärtskommen zu bewirken. Vgl. Post vom 7.12.2015 in diesem Blog.
In Wahrheit kann der erkrankte Mensch ohne L-Dopa mehr als er glaubt; er traut sich bloss meistens nichts mehr zu. Der Blogger muss jeden Tag gegen die eigene Selbstunterschätzung an arbeiten.

In den ersten Wochen dieses neuen Modus' mussten die Geh-Übungen des Bloggers im sichtgeschützten privaten Garten, barfuß gehend, auf 30 Minuten begrenzt werden. Danach kam nur noch Trippeln und stotternde Beinbewegungen.  - Sturzgefahr allenthalben.
Also: weiterhin Gehen trainieren!

Ergänzung vom 10.04.2019:

Die gesamte Re-Orientierung des Zentralen Nervensystems fühlt sich für den neu aufgetauchten inneren Beobachter so an:

# Das Ruder aus der Hand genommen
Früher, d. h. in den letzten zwei Jahrzehnten, hatte der Blogger ("ich") den Eindruck, das ZNS habe "ihn" vom Platz des Steuermanns, des Ruderführers verdrängt. Aus welchem Grunde? - Weil "ich" mich immer wieder von aus dem Unbewussten auftauchenden post-traumatischen Bildern beeinflussen ließ, anstatt ein klares Ziel anzustreben, anzupeilen und dort anzukommen.
.
# auf Automatik stellen - wie beim Schlafen des  Piloten
Nach diversen, z. T. katastrophalen Fehlleistungen des Bloggers als Steuermann lief das Biosystem amok und hat komplett sein ZNS auf automatisch gestellt und dort einrasten lassen. Janice Hadlock nennt dies "Stuck On Pause" - wie der Titel ihres Parkinson-Recovery-Forschungswerks. Aber diesen Zustand kennt doch jeder normale Mensch: das Biosystem arbeitet brav automatisch seine Ziele ab, und das Bewusstsein hat keine Ahnung davon, was abläuft. So ist es, wenn der Mensch schläft, jede Nacht. Dann "explodieren" ungelöste Traumatisierungen und arten aus in unkontrollierbaren Bewegungen  - gerade so wie beim Blogger - sowohl wachend als auch schlafend.- Somit kann der Blogger Gurdjieffs Theorem vom gestressten Durchschnitts-Menschen im Tages-Dauerschlaf bestätigen.

#  bei Bewährung Mitsprache eingeräumt
Mit der gegenwärtigen kognitiven Restrukturierung kommen "lichte Augenblicke bzw. Stunden" auf, in denen der stellvertretende innere Haushälter eine Chance erhält sich auch als Ruderführer zu bewähren. - Nur wenn dies gut geht,  kann sich das System der neu zu gewinnenden "Großen Freiheit" vom Automatismus, vom Maschinen-Menschen (Gurdjieff),  lossagen und wieder Vertrauen in das veränderte (weil tagesbewusstsein-orientierte) Ich des Bloggers fassen.


weitere Aufgaben:

Zwei neue Gehirn-Schaltkreise konstruieren und etablieren (vgl. Post vom 27.10.2015 in diesem Blog). z.B.

# das "blumenpflückende Mädchen" (im Garten umher schlendernd, Ausschau nach Blumen haltend)
und dabei sich immer wieder bückend...

# den "Opticker", d.h. den Aufsammler von Stolpersteinen und -reisig (im Garten gehend, dabei sich immer wieder bückend)



Immer von Neuem fühle ich mich beschenkt durch die Fülle und Vielzahl Deiner Gaben, verehrter Erschaffer des Universums.
Sobald ich Ruhe finde, stellst Du sie mir vor die Füße oder führst sie mir vor Augen in ihrer ungeahnten Schönheit.
Dein dankbarer Rudi Traugott

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