Damals niedergeschrieben anlässlich des 100. Geburtstages der Mutter des Bloggers,
Hildegard Berta Alwine Hinsch:
Hildegard verstarb im Jahr 1998 im Alter von 79 Jahren.
Erste Astasien ergriffen den Blogger bereits. Er stürzte an verschiedenen Tagen im Dezember 1998 in jeweils eine seiner wertvollen Jazz-Gitarren, die probenbereit und ordnungsmäßig in ihren Ständern positioniert waren. KRRRRACH, bäääng!!
Rudi-Rallalas Nachkriegs-Nester
1949 – 1966
Familie Walter Gafert (Vati) , Hildegard und zwei Kinder (6 bzw. 5 Jahre alt)
inkl. Louise Gafert (65) und Kriegs-Vollwaisin Cousine Gisela Spitzkeit (14)
lebte mit 6 Personen in drei Zimmern in der
Pastorenstraße 16 in Hamburg- Neustadt beim Michel,
Wohnung im 5. Stockwerk, mit Balkon
oben rechts im vorletzten Stockwerk.
1945 – 1949 Hamburg-Eimsbüttel
Rudi-Rallala wurde vorgeprägt durch die Lebensumstände der Jahre 1945 – 1949 in Hamburg-Eimsbüttel, wo er mit Mutti und Jutta, also zu dritt, ein Zimmer in der Schopstraße 14 bewohnte. Sein Kindergarten in der Kieler Straße war etwa 700 Meter von dieser Wohnung entfernt. Er lief morgens zu Fuß dorthin und hatte dabei mehrere belebte Straßen zu überqueren. Zebrastreifen für Fußgänger-Übergänge waren noch nicht erfunden, wohl aber Straßembahnen, Busse und LKWs und nicht zuletzt motorisierte Zweiräder. Hilde war voll berufstätig und Kriegerwitwe seit Sommer 1943. Dies alles war nicht sein Problem.
Zur Sicherung des Daseins hatte Hilde fast paramilitaristische Disziplin von ihren Kindern eingefordert. Hierzu gehörte – leider – auch im Rahmen der Reinlichkeit das organisiert ablaufende Toiletten-Ritual besonders für den erst 2, dann 3-4 jährigen Rudi. Zu Bett gehen darf nur, wer vorher ins Töpfchen gemacht hatte. Wer dies nicht konnte, musste ebendort so lange sitzen bis etwas kam. Das funktionierte nicht immer. Oft landete das Produkt später im warmen Bette nach dortiger Ruhe und Entspannung seines Urhebers. – Schläge verteilte Hilde auf den nackten Hintern unmittelbar nach dessen Reinigung mit kaltem Wasser aus dem Eimer. Pro Woche wenigstens ein mal nach heutiger Schätzung. Mit abnehmender Tendenz ab 1947.
Rudi-Rallala hatte schon bald den Stammhirn-Modus (vgl. Post vom 21.03.2019 in diesem Blog) der um ihr Überleben kämpfenden Kreatur entdeckt. Ständig seine Umwelt beobachten und gefasst sein auf das Schlimmste:
„Warte, warte noch ein Weilchen;
dann kommt Harmann auch zu dir.
Mit dem kleinen Hackebeilchen
macht er Hackefleisch aus dir...“
klang es noch aus den Radios...
für Rudi-Rallala stand fest:
Harmann lebt und mordet Kinder
drüben auf der anderen Seite der Osterstraße.
..in der Nähe der Kirche, die zu Weihnachten
von Mutti mit ihren beiden Kleinkindern
besucht wurde.
Nest Nr. 2
1949 – 1966 Pastorenstraße am Michel
Nach dem Umzug in das Hafenviertel Hamburgs zwischen Elbe und Alster wurde Rudi-Rallalas Leben nicht etwa ruhiger oder sicherer, im Gegenteil.
Der neue Spielplatz war das zu 50 % zerstörte Stadtgebiet mit seinen hunderten von zerbombten Häusern, Ruinen und Trümmern, die erst stückweise geräumt und gesichert werden konnten. Sein Spielplatz war das, was nach den Bombennächten des "Gomorrrha" von der einst reichen Kaufmannsstadt, der Hansestadt Hamburg, noch übrig war.
Lieblings-Abenteuer-Spielplatz war „die Admi“,
ein gut zu erreichender Zugang über eine frühere Kellertreppe von der Admiralitätsstraße zum Herrengrabenfleet (vgl. Foto des heutigen Zustandes. Damals war die rechte Seite komplett durch Fliegerbomben zerstört. Ruinen waren noch nicht geräumt und damit ungesichert.).
Die Fleete wurden damals von einigen großen Rohren der städtischen Fernwärme-Versorgung überquert. Durchmesser etwa 75 cm. Verlauf der Rohre ca. 6 Meter über dem Boden der Fleete, die bei Ebbe trocken liefen. Ausgerechnet diese Rohre wählt Rudi-Rallala zur Bühne zwecks Darstellung seiner Balancierkunst – hoch oben über dem steinigen Grund des Fleets. – Es sollte dann erst ein erkennbarer Mövenschiss auf der schwarzen Rohrrundung vor ihm in der Mitte des Fleetes sein, der ihn stoppen ließ. –
Rallala kehrte freiwillig und vorsichtig genug um und kam heil zurück zur “Kellertreppe“ in der Admi. –
das wäre nun doch zu viel gewesen... –
- Halleluhjah!!!
Rudi-Rallalas Schutzengel trat dann auch 1964 erneut verdeckt in Aktion.
Rallalas Mutter Hilde entsann sich ihrer einst mit ihrem Ehemann Rudi Erik gehegten Zukunftspläne „für die Zeit nach dem Krieg“. Rallalas Vater, Rudi Erik, fiel aber an der Ostfront im Sommer 1943 bei Brussny in Russland. Er hatte unter den Panzerpionieren als Hauptmann der Reserve gedient. Er hatte das Studium der Architektur bereits begonnen. Für seine Familie konnte er nicht mehr sorgen.
Dulce et decorum est pro patria mori
– und nun, 1964, wollte Rallalas Stiefvater ein von Rudi gewünschtes Studium der Volkswirtschaft nicht mitfinanzieren. Dank Hildes Überzeugungskünsten war nun Walter schliesslich bereit, für Wohnung und Nahrung von Rallala in den 4 Studienjahren aufzukommen – wenn der junge Herr Student sich auf einen Raum von 3,5 qm ungeheizt, beschränke. Werkstudenten-Jobs in seiner Studienzeit waren dabei selbstverständlich und zweckdienlich.
So wurden aus den Nötigern und Peinigern der 40er und frühen 50er Jahre die Förderer Rallalas in den 60er Jahren. Immerhin. Dem Schutzengel sei hiermit noch einmal herzlich gedankt – oder stimmte da irgend etwas nicht ? -
Eimsbüttel, 12.03.2019
Bild mit Schutzengel: nicht weniger gefährlich lebten Kleinkinder in der Nähe von Wildbächen und klapprigen Brückenstegen schon in Zeiten der Romantik...
Ansicht des Bloggers heute, am 26.09.2020:
Über diese Fernheizungsrohre hoch über dem Fleetengrund balanciere ich in meiner heutigen Abasie und Astasie noch weiterhin....
Zur Frage der Bedeutung von Traumatisierungen für die Entstehung und Entwicklung des Morbus Parkinson finden sie eine Vielzahl von Posts in diesem Blog. Diese werden angezeigt, wenn sie oben links im Suchfeld der Blogseite das Suchwort Trauma eingeben, vgl. auch den Post vom 19 Juni 2020.
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