Hierzu sind im Post vom 27. Oktober 2015 Anschauungs-Beispiele gegeben, wie z.B. "Flinte ins Korn werfen".
Sehr anschaulich ist auch die Charakterisierung des Bauernlümmels Burlala in dem plattdeutschen Volkslied "As Burlala"
Burlala Pub in der Lüneburger Altstadt |
Dissoziativer Charakter?
Charakterzüge des norddeutschen
Bänkellied-Helden "Burlala"
Das Lied vom Bauernjungen Burlala. Bekannt in
den Interpretationen von Claire Waldoff, Lale Andersen und von Tönne Vormann in
seinem Münsterländer Platt. Es finden sich Hinweise, dass es im Umfeld der
Jugendbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt wurde, aber schon
Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt war. Die Melodie scheint wesentlich älter zu
sein und aus dem 17. Jahrhundert zu stammen.
In jeder der insgesamt zehn Strophen wird eine Anekdote
erzählt, die einen der vielen auffälligen Charakterzüge Burlalas illustriert:
Burlala mimt den Gernegroß, gibt seiner Mutter unnütze
Kommandos schon aus dem Kinderwagen.
Burlala will sein Unwissen mit Hilfe unerlaubten
Vor-Sagens seiner Mitschüler vor dem Lehrer verbergen.
Burlala haut gern mal über die Stränge,
widersetzt sich der Obrigkeit.
Burlala lebt unbeschwert und gern auf Kosten
anderer
Burlala hält sich für attraktiv und
übersieht seine Defizite
Burlala verwechselt als Soldat den Kriegsdienst
mit Selbstjustiz
Burlala ist ein Angsthase, schiesst mit Kanonen
auf Spatzen.
Burlala will frühzeitig sterben, tröstet nebenher
noch seine Eltern.
Burlala ist davon überzeugt, dass Petrus für
ihn einen Platz im Himmel reserviert hat.
Burlala riskiert sogar dem Herrgott gegenüber
eine kesse Lippe; den Himmel beurteilt er als "erträglich".
Kommentar des Bloggers:
Zunächst ein Geständnis bzw. Bekenntnis:
Im Alter von 4 bis 7 Jahren etwa war dem Blogger das Lied von Burlala bestens bekannt; damals ein Gassenhauer. Als Junge ging der Blogger davon aus, dass im Grunde er selbst in diesem Text beschrieben wurde - immerhin wurde er von seinen Spielkameraden "Rallala" gerufen. Klingt doch auch recht ähnlich, oder?
Nun, 70 Jahre später:
Zunächst ein Geständnis bzw. Bekenntnis:
Im Alter von 4 bis 7 Jahren etwa war dem Blogger das Lied von Burlala bestens bekannt; damals ein Gassenhauer. Als Junge ging der Blogger davon aus, dass im Grunde er selbst in diesem Text beschrieben wurde - immerhin wurde er von seinen Spielkameraden "Rallala" gerufen. Klingt doch auch recht ähnlich, oder?
Nun, 70 Jahre später:
Einen solchen Mistkerl wie den besungenen Burlala sollte man doch leicht enttarnen können. Aber weit gefehlt: dieser Burlala schlüpft bei seinen Untaten gern in den Rock des heiteren Spaßmachers (daher das Wort "burlesk") oder des charmanten Bittstellers und bleibt unerkannt.
Burlala personifiziert eine dissoziative Persönlichkeit im hier relevanten Parkinson-Zusammenhang und im Hinblick auf die ex-Dissoziation-Strategie.
Blog-Nutzer, denen die Eskapaden des Burlala allzu derb anmuten, können wundervolle Kennzeichnungen des dissoziativen Charakters auch in Walter Benjamins Essay aus dem Jahre 1931 "Der destruktive Charakter" nachlesen. Trreffender geht es wohl kaum.
Auszug Zitat Walter Benjamin (1931):
"...Der destruktive Charakter ist jung und heiter. Denn Zerstören verjüngt, weil es die Spuren unseres eigenen Alters aus dem Weg räumt; es heitert auf, weil jedes Wegschaffen dem Zerstörenden eine vollkommene Reduktion, ja Radizierung seines eignen Zustands bedeutet. Zu solchem apollinischen Zerstörerbilde führt erst recht die Einsicht, wie ungeheuer sich die Welt vereinfacht, wenn sie auf ihre Zerstörungswürdigkeit geprüft wird. Dies ist das große Band, das alles Bestehende einträchtig umschlingt. Das ist ein Anblick, der dem destruktiven Charakter ein Schauspiel tiefster Harmonie verschafft. ...
Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes. Aber eben darum sieht er überall Wege. Wo andere auf Mauern oder Gebirge stoßen, auch da sieht er einen Weg. Weil er aber überall einen Weg sieht, hat er auch überall aus dem Weg zu räumen. Nicht immer mit roher Gewalt, bisweilen mit veredelter. Weil er überall Wege sieht, steht er selber immer am Kreuzweg. Kein Augenblick kann wissen, was der nächste bringt. Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht..."
Blog-Nutzer, denen die Eskapaden des Burlala allzu derb anmuten, können wundervolle Kennzeichnungen des dissoziativen Charakters auch in Walter Benjamins Essay aus dem Jahre 1931 "Der destruktive Charakter" nachlesen. Trreffender geht es wohl kaum.
Auszug Zitat Walter Benjamin (1931):
"...Der destruktive Charakter ist jung und heiter. Denn Zerstören verjüngt, weil es die Spuren unseres eigenen Alters aus dem Weg räumt; es heitert auf, weil jedes Wegschaffen dem Zerstörenden eine vollkommene Reduktion, ja Radizierung seines eignen Zustands bedeutet. Zu solchem apollinischen Zerstörerbilde führt erst recht die Einsicht, wie ungeheuer sich die Welt vereinfacht, wenn sie auf ihre Zerstörungswürdigkeit geprüft wird. Dies ist das große Band, das alles Bestehende einträchtig umschlingt. Das ist ein Anblick, der dem destruktiven Charakter ein Schauspiel tiefster Harmonie verschafft. ...
Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes. Aber eben darum sieht er überall Wege. Wo andere auf Mauern oder Gebirge stoßen, auch da sieht er einen Weg. Weil er aber überall einen Weg sieht, hat er auch überall aus dem Weg zu räumen. Nicht immer mit roher Gewalt, bisweilen mit veredelter. Weil er überall Wege sieht, steht er selber immer am Kreuzweg. Kein Augenblick kann wissen, was der nächste bringt. Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht..."
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