Was will der Blogger damit sagen? -
Wie jeder nachdenkliche Patient halb bewusst weiss, ist sein Zustand dadurch gekennzeichnet, dass sein "eigener" Wille blockiert ist, also daran gehindert ist, in die Tat umgesetzt zu werden. Dieser Gedanke geht durch seinen Kopf, sobald seine gewünschte Bewegung gehemmt wird ("freezing"), Stichwort "Rilkes Panther" (vgl. Posting vom 23. Mai 2013 und vom 8. September 2015 in diesem Blog). - Es kann aber nur das kleine, d. h. auf seine Persönlichkeit begrenzte Ego sich gehindert fühlen. Das geistig definierte Ich ist in seinen Willensäusserungen frei. Der Patient verneint jedoch auf Grund oberflächlicher Denkweise die Freiheit des Ich-Willens, das Vorhandensein eines unkörperlichen Ichs; er "denkt" nicht wirklich, sondern repetiert eingefahrene Gedankenmuster. Schliesslich verliert er sein Vertrauen in sein eigenes Denken und gibt auf: Parkinson in progredienter Form.
Roberto Assagiolis Star Diagram |
Das muss aber keineswegs so enden. Es gibt auch den Weg zum geistigen Wachstum, d. h. zur Erkenntnis der Willenskraft des Ich, das dem kampfunfähigen kleinen Ego nicht etwa beisteht, sondern es durchdringt und verändert. Aber nichts entwickelt sich ohne Nachdenken, das Denken im eigentlichen Sinn. Gedankliches Wiederkäuen und Intellektualismus sind aus anthroposophischer Sicht kein Denken.
Ein wundervolles Beispiel für ein Ich, das ein Ego durchdrungen hat, finden sie hier im Interview mit Jeanne Moreau im Jahre 2010. Geben sie dabei Acht auf die Stelle, wo die Künstlerin gefragt wird: "Wessen Moral?"
Und nun wird es spannend:
Assagioli Psychosynthese Self vs. "I" |
*Der Blogger erlebte nach einer stressbedingten Phase von Unbeweglichkeit in der medikationslosen Tageszeit am Nachmittag - nach 6 Monaten heftigster Gehstörungen - eine Rückkehr der mühsam erarbeiteten Gehfähigkeit. Es geschah nach den Weihnachtstagen 2015: Die Fähigkeit zum umbeeinträchtigten Gehen kam zurück, und zwar in gesteigerter Form, die über den Status der Video-Dokumentation vom 2. Juni 2014 in diesem Blog hinaus geht. - Voraussetzung dafür sind tägliche Bemühungen, einen locker pendelnden Gehvorgang zu starten. (Wer nie den Anlasser betätigt, wird nie erleben, dass er mit seinem Auto losfährt!)
Das Aufleuchten der Individualität in der Persönlichkeit
"Nur durch eine freie Identifikation mit der jeweils vorfindlichen Persönlichkeit gelingt es dem Menschen, individuell in der Welt zu wirken. Die Persönlichkeit ist Teil der Handlungssituation, in der ein Mensch sich befindet. Das Wirken des Individuellen durch die und in der Persönlichkeit trägt zur Verwandlung dieser letzteren bei. Ich bin es, der zwischen Disidentifikation und (mehr oder weniger) freier Identifikation atme. Sowohl Schulungsweg wie bewusst gelebtes Leben bewirken Durchdringung und damit Verwandlung. Spielen die »Mysterien« sich heute vor unseren Augen ab?"
Rudy Vandercruysse, 2015
Anthroposophische Medizin
"Anthroposophie" heißt wörtlich "Mensch" (anthropos) und "Weisheit" (sophia). Dieser Ansatz geht auf Rudolf Steiner (1861 – 1925) zurück, der die Anthroposophische Medizin zusammen mit Dr. Ita Wegman (1876 – 1943) entwickelte. Das umfassende Menschenbild, das der Anthroposophischen Medizin zugrunde liegt, ermöglicht es dem Arzt, die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Seele besser zu verstehen.
"Dabei unterscheidet die Anthroposophische Medizin zwischen
- Körper (physischer Leib),
- Lebensorganisation (Ätherleib),
- Seelenorganisation (Astralleib) und
- Ich-Organisation (geistige Individualität).
Wichtig ist, dass sich die Anthroposophische Medizin nicht als Alternative, sondern als Ergänzung und Erweiterung zur konventionellen Medizin versteht. Sie wird heute sowohl ambulant als auch stationär praktiziert und forschend weiterentwickelt. Seit 1976 ist die Anthroposophische Medizin in Deutschland gesetzlich verankert und anerkannt. "
Die therapeutische Wirkung des Denkens (Rudy Vandercruysse)
Wut und Aggression (in: Cheryl Sanders-Sardello, Aggression, Gewalt und Kulturverfall, Dornach 1997)
Ich Selbstbewusstsein
http://agid.info/15-Selbstbewusstsein-Seele-und-Geist.69.0.html
"15. Selbstbewußtsein, Seele und Geist
Ein Selbstbewusstsein, durch das er sich als Ich zu bezeichnen vermag, erlangt der Mensch erst durch die denkende Selbstreflexion. In dieser denkenden Selbstreflexion, in der der Mensch durch die Wahrnehmung seiner Denktätigkeit zu einem Denkselbstbewusstsein gelangt, erfasst er sich als geistiges Wesen. Dieses geistige Wesen des Menschen, das man auch als Ichwesenheit bezeichnen kann, verbindet sich mit der Seele und durchdringt diese mit seiner anteilnehmenden Wärme und Präsenz. Dadurch eignet sich das geistige Wesen des Menschen die ihm von der Seele präsentierten Erlebnisinhalte als seine eigenen Wesensinhalte an, obwohl es sich – seinem Wesen nach – von all diesen Inhalten unterscheidet."
"Also sprach der Meister Lao-Tze:
Die Meister des Wissens vergewaltigen nicht ihr Herz,
die gewöhnlichen Leute überwinden nicht ihre Begehrlichkeiten.
Diejenigen, die zur Klarheit durchgedrungen sind,
handeln aus ihrer natürlichen und gesunden geistigen Verfassung heraus,
während die niedrig-gesinnten allen ihre entarteten Neigungen ausleben.
Ein gesunder Geisteszustand besteht darin, daß wir einen leichten Zugang finden,
täglich, zu unserer inneren Kraft, unserer ursprünglichen Natur
und in unserer Mitte sind. Im Äußeren können wir dadurch vernünftig handeln,
ohne in die Dinge eingebunden zu sein.
Was heißt entartete Neigungen?
Wenn wir immer weiter auf raffinierte Reize aus sind,
Geschmack, Gehör und Augen gierig nach neuem suchen,
wenn wir unserer Begeisterung und unserem Ärger freien Lauf lassen
und uns nicht um die Folgen unserer Handlungen scheren.
Geistige Klarheit und Entartung stören einander.
Begehrlichkeit und die ursprünglich-wahre Gesinnung schädigen einander.
Beides kann nicht nebeneinander bestehen.
Kommt das eine auf, verschwindet das andere.
Um Deiner wahren Natur zu folgen, mindere einfach
– wie die alten Weisen es schon taten –
Deine Begehrlichkeiten.
Unsere Augen lieben Formen und Farben, unsere Ohren lieben Klänge und Töne
und unsere Nase liebt Gerüche, der Mund die Geschmäcker.
Was die gewohnheitsmäßigen Wünsche betrifft, so wissen weder die Augen,
noch die Ohren, weder Nase noch Mund, was sie eigentlich wollen.
Unser Bewusstsein ist es, was all dies kontrolliert,
so dass alles an seinem Platz kommt.
Aus diesem Blickwinkel ist es ganz klar,
dass kaum jemand Interesse daran hat,
seine Begehrlichkeit zu überwinden."
In::
“Wen-Tzu - das Verstehen der Geheimnisse (057)”
Rudolf Steiners
Sinnenlehre
(grob skizziert)
1. Höhere oder geistige Sinne
1.1. Ich-Sinn
1.2. Gedanken-Sinn
1.3. Sprach-Sinn
1.4. Gehör-Sinn
2. "Materielle“ Sinne (mittlere oder alchemische Sinne)
2.1. Wärme-Sinn
2.2. Seh-Sinn
2.3. Geschmacks-Sinn
2.4. Geruchs-Sinn
3. Konstitutionelle Sinne (untere oder körperliche Sinne)
(der physische Körper soll zum Instrument für
das Ich werden)
3.1. Gleichgewichts-Sinn
(ausgleichende Funktion, besondere Beziehung
zur Zeit, blüht auf bei Harmonie und Kontinuität in der Erziehung, Störungen
bei unrhythmischen Handlungen, häufigen Umzügen und Hetze; später wichtig in
der Bildung der Urteilsfähigkeit)
3.2. Bewegungs-Sinn
(Erleben der eigenen Bewegungen und der
Bewegungen der Eltern und Geschwister, differenzierte Gestik wirkt auf
Lebenstüchtigkeit und Zielstrebigkeit, Anforderungen an sich selbst stellen)
3.3. Lebens-Sinn
(Wahrnehmung des inneren Zustandes: gesund oder
krank, glücklich oder unglücklich, Lebensfreude, die von der Umgebung ausgestrahlt
wird, Stimmung der Eltern)
3.4. Tast-Sinn
(z. B. bei Misshandlungs- und
Missbrauchserfahrungen; Achtung der Privatsphäre, Respekt; schafft Raum für das Ich, das durch
Lebens-Sinn zur inneren Dynamik erweckt wird und das durch den Bewegungssinn
eine Beziehung zur Umgebung knüpft.)
Vgl. frei nach Ad Dekkers: Ich bin, der ich war
- Erinnerungen verarbeiten und bewältigen durch Meditation,
Stuttgart 1999
"Geistiges Wachstum" ? - Was soll das heißen?
Bitte lesen sie hierzu den Post vom 23.03.2012 in diesem Blog.
Beachten sie dort auch die grafische Darstellung des Vedanta Yogi Ramana Maharshi (1879 - 1950) und
die dort wiedergegebenen 22 Thesen zur Frage "Wer bin ich?" -
In den Reigen der Zeitgenossen und "wahlverwandten Denker" Rudolf Steiners passt außer Ramana Maharshi auch der Psychologe Roberto Assagioli mit seiner "Psychosynthese" hinein.
Viel Spaß bei den Bemühungen zum Denken!
Ramana Maharshi's Zeichnung |
Rudy Vandercruysse weist in "Die therapeutische Dimension des Denkens - anthroposophische Aspekte zur Psychoanalyse", Stuttgart 1999, den Weg zum geistigen Wachstum (vgl. Abbildung).
Bitte lesen sie zum Thema Ich-Willen auch den Posting vom 29. November 2013 "Den neurobiologischen Regelkreis transformieren" sowie die dem voraus gehenden und dem nachfolgenden Postings.
Hier ist Vandercruysses
Denkübung. Wie groß ist die Summe aller Winkel eines Dreiecks? - nun beweisen sie bitte sich selbst, warum es 180 Grad sind. - Denken sie an die Hilfe der parallelen Geraden!
. Denken sie schon oder suchen sie Ausflüchte?
Die Bewusstseinsseele
Dr. Markus Treichler weist in seinem Vortrag "Psychotherapie aus der Bewusstseinsseele" den Weg, der vor Parkinson-Patientem mit frühkindlicher Traumatisierung (vgl. Thesen von Walton-Hadlock und Hurni) liegt, vgl. nachstehende Tabellenübersicht, in: Psychotherapie und der Kampf um das Menschsein - Ansätze zu einer anthroposophischen Psychotherapie, Dornach und Stuttgart 1999.
"Hoffnung ist nicht Optimismus
nicht die Überzeugung,
dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit,dass etwas einen Sinn hat
- ohne Rücksicht darauf,
wie es ausgeht."
Vaclav Havel
Eine zielführende Schulung des Geistes bewirkt:
- die Herrschaft über die Gedankenführung
- die Herrschaft über die Willensimpulse
- die Gelassenheit über Lust und Leid
- die Positivität im Beurteilen der Welt
- die Unbefangenheit in der Auffassung des Lebens
Diese Eigenschaften müssen zu einem harmonischen Zusammenklingen gebracht werden.
(Vgl. Rudolf Steiner "Die Geheimwissenschaft im Umriss", Dornach 1962)
"Viele Lebensprobleme bleiben ungelöst, weil der Mensch nicht genügend von dem Gedanken durchdrungen ist, dass in jeder Altersphase Selbsterziehung zu seiner Aufgabe gehört. Auf keiner Stufe der menschlichen Entwicklung geht alles von alleine. Die Erfahrung lehrt uns, dass das Gewissen sich irgendwann meldet, wenn wir einfach eine bestimmte Angewohnheit oder Unsitte in unserem Verhalten auf unsere Erziehung zurückführen und gar nicht einmal versuchen, uns selbst zu ändern, oder uns womöglich sogar als Opfer aufspielen."
in: Ad Dekkers "Ich bin, der ich war - Erinnerungen verarbeiten und bewältigen durch Meditation", Stuttgart 1999
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