Donnerstag, 23. Juni 2016

Geh- und Lauftraining im Off-Zustand der L-dopa-Medikation bei Parkinson

Das Training der Bewegungen des Gehens wird für alle Parkinson-Patienten zum Schlüssel für die Stabilisierung ihres gesundheitlichen Zustandes. An den Bewegungen des Gehens sind Beine,  Arme und die gesamte Wirbelsäule inklusive des Beckens durch alternierende, kurze Verdrehungen beteiligt.

Irgendwann landen alle Patienten im Off-Zustand, wenn sie einmal mit der Levodopa-Therapie begonnen haben. Da hilft nur eines: die systematische Vorbereitung auf den Zustand, wenn die Medikation nicht mehr wirkt, aber auch nicht mehr abgesetzt werden darf. Die Tätigkeit und Funktionalität aller Organe ist davon abhängig, dass der Parkinson-Patient in Bewegung bleibt. Herz, Lunge, Leber, Nieren und Därme bedürfen der Bewegung, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.

Das wirksamste Training bleibt das Training ohne Levodopa-"Doping"

"Warum soll ich mir das Leben schwerer machen als es ist?"

"Wieso macht es Sinn, gerade dann das Gehen und Laufen zu trainieren, wenn die typischen Parkinson-Medikamente keine Wirkung zeigen?"

"Warum und wie soll ich gerade dann das Gehen und Laufen trainieren, wenn ich mich äußerst wackelig auf den Beinen fühle?"

"Überwiegt nicht das erhöhte Sturz- und Knochen-Fraktur-Risiko die kleinen schrittweisen Trainingserfolge?"

"Sollte ich als L-dopa-Aussteiger oder Teil-Aussteiger solche Trainingsexperimente lieber vermeiden?"
Hier fehlt nur die Matratze als Unterlage; ansonsten perfektes Training auf der Stelle für Parkinson.

Der Blogger hat das Gehen bzw. Marschieren auf der Stelle mit Matratzen-Unterlage selbst ausprobiert, und erste Erfolge im Aufbau der Beinmuskulatur sind erkennbar. Die negative Nachricht: das anfängliche Hochgefühl über plötzlich un-gehemmte Geh-Bewegungen weicht sehr schnell und verwandelt sich in ein Unlust-Gefühl über ein vermeintliches Einsinken der Füße in den Matratzen-Grund. Die positive Nachricht: Das gesamte Lauf-Training im Levodopa-Off-Zustand reduziert sich auf 2 - 3 Minuten; anfangs noch kürzer. Lieber öfter für 20 Sekunden Matratzen-Gehen als einmal zu lange- denn ein Muskelkater bzw. eine Muskel-Übersäuerung erfordern eine Ruhezeit von 3 - 4 Tagen.

auf einer Matratze am Boden

Matratze auf dem Boden  als Unterlage für Geh-Training bei Parkinson

Legen sie eine zusätzliche Matratze neben das Bett, möglichst von einer Seite an eine Wandseite reichend. Bevor sie schlafen gehen oder wann immer sie abends den Off-Zustand aushalten müssen: Schlurfen sie zur Matratze und versuchen sie dort auf der Stelle Gehbewegungen mit den Beinen zu machen.

Das wird auf Anhieb nicht funktionieren, denn der neuropathologische Impuls zur Hemmung der Gehbewegung verschwindet nicht  gänzlich im Vergleich zum Gehen auf hartem Boden im Off-Zustand. Aber jedes mal, wenn sie wieder zur und auf die Matratze treten bzw. springen, bemerken sie ein Schwächer-Werden dieser motorischen Hemmung. - Aber keine Angst vor leeren Versprechungen: Die Hemmung kehrt  zurück, sobald sie wieder auf den normalen Fußboden treten !

Was geschieht dabei? - Das Nervensystem scheint ihr Gehen auf der Matratze nicht als Gehen im Sinne der Fortbewegung des Parkinson-Patienten vorwärts auf zwei Beinen anzuerkennen und einzuordnen. Das Nervensystem trifft eine Unterscheidung und Zuordnung zum Bereich "Zeitvertreib / Spiel". Dort gelten andere Regeln. "Freezing" gibt es nur beim Gehversuch auf dem Boden. - (Erinnern sie sich an das merkwürdige Verhalten der Patienten in dem Kino-Film "Zeit des Erwachens", die ur-plötzlich zu blitzartigen Greifbewegungen fähig waren, wenn ein Kugelschreiber zu Boden fiel, obschon sie seit Jahrzehnten  als "gelähmt" galten ?)

Erklärt werden könnte das "Off-L-dopa/ Anti-Freezing"-Syndrom vielleicht durch die veränderten Erwartungen des Parkinson-Patienten vor und beim Besteigen der am Boden liegenden Matratze: Er kann sich nicht wirklich weh tun  im Falle eines Sturzes. - Ganz im Gegensatz zum Versuch, aus dem Freezing heraus zu kommen und dann unsanft auf dem blanken Fußboden zu landen.
Es fühlt sich ähnlich an dem Weintrauben Stampfen zur Vorbereitung der Maische nach der Weinlese

Stellen sie sich das Trainingserlebnis auf der Matratze bitte nicht allzu angenehm vor. Wenn es sich um eine mittelweiche Schaumstoff-Matratze handelt, fühlt sich das Gehtraining im Barfuß-Modus an wie die Schritte eines Bauern in übergroßen Gummistiefeln über seinen Acker mit lehmigen Boden, der durch zwei Tage anhaltenden Dauerregen aufgeweicht wurde ! -Aber immer besser noch so umher zu stapfen als im Freezing-Modus paralysiert zu sein.  - Leichter ist das Geh-Training auf einer festen Federkern-Matratze mit glattem Überzug.
Vgl  auch Posting  Parkinson-Freezing = "Rühr dich ja nicht vom Fleck!"vom 8. September 2015


Nach 1 -2  Trainingsminuten auf der Matratze ist die Geschichte sowieso überstanden - denn die Beinmuskulatur ist an die Drogen- und Aufputsch-Wirkung der Levodopa-Medikation gewöhnt, und das Gehirn erwartet nun eine Fortsetzung dieser Wirkung - ist daher enttäuscht,  dass die Geh- und Lauf-Trainings-Arbeit sooo hart ist. Beim Beginn des Geh-Trainings lassen sie  es besser ruhig angehen: langsam und nur 30-60 Sekunden, denn es droht eine Übersäuerung der Beinmuskeln, der Muskel-Kater! -Falls dieser sie trotzdem erwischt, bitte das Training ruhen lassen bis er abgeklungen ist.  Denn Muskel-Kater bei schlaffer Lähmung - das ist nicht gerade lustig.
Trampolin für Parkinson-Therapie empfohlen von Manfred J. Poggel

Parkinson-Bezwinger "ohne Chemie", Manfred J. Poggel, hatte in seinem Therapie-Ansatz das Trampolin-Hüpfen erfolgreich exerziert. Vgl. Posting "Einer kam durch: Manfred J. Poggel..." vom 9. April 2014 in diesem Blog.  Im  Prinzip leistet das Trampolin das gleiche wie eine Matratze. Es erlaubt folgenlose Stürze und mindert die Angst des Patienten vor dem Stürzen und der damit einher gehenden Prellung oder Fraktur der Knochen.
Bei Parkinson Geh- und (Auf-der-Stelle) Lauf-Trainings auf dem Trampolin empfehlenswert



Kick-den-Karton

Zum Einstimmen auf das Matratzen-Begehungs-Training können sie auch das "Kick-den Karton / Anti-Freezing"-Training voraus schicken. Neurologisch geschieht dabei dasgleiche: Spiel- statt Pflicht-Modus. Vgl. Posting Bei Parkinson-Freezing: "Kick den Karton!" vom 7. Dezember 2015

die Knochen-Tour auf dem Reha-Standfahrrad
Theracycle mit oder ohne "erzwungenes" Treten bei Parkinson

Der Blogger mutet sich im 20. Parkinson-Jahr und in Anerkennung der Trainingssleistungen unseres Parkinson-Mitpatienten Muhammad Ali zu, vor dem Schlafengehen im Zustand der schlaffen Lähmung sein Reha-Bike neben dem Bett zu besteigen und 100 volle Kurbel-Umdrehungen zustande zu bringen.
Ergebnis: leichteres Einschlafen, ruhigerer Schlaf ! - wenn das nichts ist. - Eine Alternative zum gewöhnlichen home-trainer ist dieses Gerät mit einer "erzwungenen" Trettätigkeit speziell für die Parkinson-Therapie.

den Willen mobilisieren

Wie kommt es, dass ein paar Minuten des täglichen Geh- und Lauf-Trainings so wirksam die Mobilität des Parkinson-Patienten in Gang halten? - Die Antwort hat der Psychologe Roberto Assagioli in seiner "Psychosynthese" (vgl. Postings in diesem Blog) gegeben: Es ist die Mobilisierung des Willens, der die Initiative zum Trainieren ergreifen lässt. Der Patient handelt jetzt,  anstatt passiv zu bleiben oder gar aktiv zu leiden. - Nun muss nur noch dafür gesorgt werden, dass körperliche Schäden ausgeschlossen sind. Dann ist schrittweiser Erfolg garantiert. Vgl. hierzu auch Posting "Wer ist es, den ich als ich bezeichne?" vom 23. März 2012 - Stichwortsuche: Assagioli - in diesem Blog

Assagioli's Stern-Diagramm: Position des Willens



Knochenbrüche riskieren sie bei keinem dieser Trainings zur Stabilisierung ihrer Fortbewegung auf zwei Beinen.

Beginnen sie also mit ihrem Training. Kommen sie voran durch vermehrtes Treten und Marschieren "auf der Stelle".

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