Mittwoch, 10. Oktober 2018

Dissoziative vorübergehende Störung des Bewusstseins - ohne neurologischen Befund

Dass ein aktives Selbstbetreiben einer kognitiven Restrukturierung für einen Langzeit-Parkinson-Patienten kein Zuckerschlecken sein würde, hatte sich der Blogger im 23. Jahr seiner Parkinson-Diagnose schon gedacht. Aber die vor vier Wochen unvermittelt einsetzende Störung des Bewusstseins mit Verlust der Orientierung wollte er nicht einfach so hinnehmen. (Vgl. Posts vom 12.09.2018 und vom 27.09.2018 in diesem Blog)

Mit dem bestens vertrauten Neurologen und Psychiater in der Hamburger City wurde auf den 9. Oktober 2018, 12 Uhr, ein Termin für eine neurologische Untersuchung des Bloggers festgesetzt.


Gänzlich L-Dopa-drogenfrei !
Der Blogger hatte angekündigt, ohne Medikation von Parkinson-L-Dopa u.ä. zur Untersuchung zu kommen. Notabene. Zum ersten Termin bei demselben Psychiater/Psychotherapeuten/Neurologen vor ca. vier Wochen war der Blogger mit L-Dopa Medikation von 25 mg pro Stunde auf seinem pedelec-Dreirad, im Konvoi radelnd mit der wohl vertrauten Pflegerin per Dienstfahrrad, gekommen. Damals und heute wich die Pflegerin nicht von seiner Seite und hielt - auch noch dort im Gebäude angekommen - den Cityscooter als "Rettungsboot" stets bereit. (Vgl. zu dieser conditio sine qua non des Cityscooter die Aussage Sigmund Freuds, zitiert im Post vom 17.10.2018 in diesem Blog)

Gestern wurde der Neurologie-Termin "High Noon in the City"  als Top-Leistung einer vom Blogger  selbst gesteuerten Mobilität und Motorik wahrgenommen. Hier ist der Ablauf:

# Abholung durch die Pflegerin um 11 Uhr des zu Fuß vom 2. Stockwerk zum Hauseingang die Treppen hinunter gehenden Bloggers - leichtfüßig, aber bei heftigen spastischen Sonderbewegungen der Beine: watscheliger Gang mit übertrieben raumgreifenden, aber festen Schritten. Wie in Siebenmeilenstiefeln.
unwillkürliche Gangart bei Parkinson ohne L-Dopa - für ca 30 Minuten

Ähnliche, unwillkürliche Besonderheiten des Gangbildes von Parkinson-Patienten beschreibt Oliver Sacks in seinem Film AWAKENINGS (Zeit des Erwachens) mit Robert de Niro als Patienten. Erwachsene gehen plötzlich wie Kinder, die ihre Schrittlänge an Mustern der Pflastersteine ausrichten.
In dieser spielerisch gewählten Besonderheit kann das spätere Kind im Parkinson-Habitus als älterer Patient dann die hemmenden Hürden meistern, die bedrohlich wirken und so seine Bewegung festfrieren können.

Der Blogger erinnert sich an das bescheidene Allmachtsgefühl, wenn er als kleines Schulkind nachmittags in die Pantoffeln seines Stiefvaters geschlüpft war, um damit in raumgreifenden Schritten den Korridor der Wohnung abzuschreiten; natürlich nur dann, wenn ihn niemand dabei beobachten konnte!
Ohne Orientieung an solchen Mustern oder Erinnerungen daran überwiegen die das Gehen hemmenden Kräfte. vgl im Blog: "Kick den Karton!",  Post vom  07.12.2016.
(Klingt nach parasympathischen Modus, der unerwartet aufkommt, oder? )

#  Bis zur Bus-Station waren es nur ca. 150 Meter Entfernung, die teilweise mit dem microscooter gerollert wurden. Keinerlei Gehhemmungen am Eingang zum Bus und inmitten der meist alten und ebenfalls gehbehinderten Mit-Fahrgäste.

#  Die Busfahrt erfolgte sitzend, so dass das Schaukeln des Busses gut zu ertragen war.

#  Das Aussteigen am Rathausmarkt und der kurze Gang quer über den weithin leeren Marktplatz erfolgten ohne Anzeichen des Bloggers von Parkinson-Symptomen. Auch das übertriebene, spastische Gehen wie in "Siebenmeilen-Stiefeln" hatte sich von selbst verflüchtigt. Keinerlei psychische Probleme durch Blickkontakte mit entgegen kommenden oder den Weg kreuzenden, eiligen Passanten. Eine wahre Wonne des Normalseins !!

#  Die Rückfahrtt verlief dann ebenso elegant - in umgekehrter Richtung bis zum erleichternden guten Ende um 14 Uhr zu Hause.

# Neurologie:
Bericht des Bloggers über Einmaligkeit der vor vier Wochen aufgetretenen ca. 5 Stunden anhaltenden Bewusstseinsstörung.

In der Praxis des Neurologen wurden von 12 bis 13.15 Uhr zwei Untersuchungen durchgeführt:

(1.)   Elektroenzephalographische Untersuchung (im Sitzen)
Messung der elektrischen Ströme zum und im Hirn. Ergebnis: keinerlei medizinischer Befund; optimale Verhältnisse.

(2)   Ultraschalluntersuchungen ACC, ACI, ACE, VA bds. (im Liegen)
Extracranielle Duplexsonographie der hirnversorgenden Arterien
Messung per Ultraschall der Versorgung zum und im Hirn mit Blut. Hier hat der Arzt eine leichte bis mittelschwere Ansammlung von Plaque/Verkalkung auf der linken Seite festgestellt, dort wo sich hinter dem Schlüssselbein die Arterie in zwei Wege aufteilt.
Stand der psychotherapeutischen medizinischen Wissenschaft

# Die vor gut drei Wochen erörterte These von einer diagnostizierten "dissoziativen Störung in Folge emotionaler Übererregung bezüglich erkennbarer Ereignisse" wurde gestern bestätigt. - Der Psychiater im Arzte war schneller am Ziel als der Neurologe in ihm. (Vgl. Post vom 27.09.2018 in diesem Blog)

Für alle Mitwirkenden summiert war diese kombinierte Patienten-Mobilitäts-,  Mediziner- und Pflege-Leistung - quasi in einer verlängerten "Mittagspause"- mindestens eine Bronzmedaille wert, meint der Blogger.

Herz-Meridian geweckt (* siehe unten EXKURS "Herzwege"
Die nachfolgende Analyse erstellte der Blogger am 11.10.2018, 11 Uhr, nach intensiver Selbst-Akupressur aller Punkte des Herz-Meridians beim entspannten Liegen auf der Couch: von den Tiefen der Achselhöhlen bis hin zu den Nägeln der kleinen Finger, jeweils links und rechts H 1 bis H 9.


Rekonstruierter Ablauf der dissoziativen Bewusstseinsstörung 
gemäß der nun vorliegenden Diagnose: 
(Status: 15.10.2018)

1. Erwachen aus dem Tief-Schlaf-Modus
Erwachen des Bloggers am 12.09.2018 aus dem vorliegenden Tief-Schlaf-Modus des Nervensystems (REM-Modus ?).

2.  Orientierungsversuch des ANP
Wahrnehmung des Fehlens von Tageslicht morgens um ca. 7 Uhr und der Geräusche eines heftigen Regens auf dem Dach und draußen vom Garten

3. Umschalten auf Emotionalen Persönlichkeitsanteil durch Einschaltung des limbischen Systems
Das Nervensystem des Bloggers schaltet im Wachzustand und bewusster Wahrnehmung der Umgebung auf den sympathischen Modus des limbischen Systems. Dies geschieht, weil der dissoziierte Emotionale Persönlichkeitsanteil EP2 sich "ein wenig"ängstigt. Von Entspannung kann keine Rede sein, aber auch nicht von Panik oder Gruseln - keine Spur von Licht / Serotonin, wann kommst du? /  das allein reicht schon aus für ein Missbehagen

4.  "nur kein Freezing jetzt!"
Wer da so sachlich das vorhandene Gesamtbild innerlich betrachtet, ist der Anscheinend Normale Persönlichkeitsanteil ANP, und zwar eben dieser im neurologischen Modus der möglichen Vermeidung einer Freezing-Attacke 2. Grades: das hieße dann bewegungsunfähig in sich Zusammensacken durch schlaffe Lähmung,  d.h. unkontrollierber absackenden Tonus der Muskulatur ( = Tot-Stellen).  Davon kann jetzt aber keine Rede sein.

5. EP2 bleibt stabil
Der ANP des Bloggers hat sich bereits an diese Form der Selbst-Einordnung/Subsumtion gewöhnt, mit deren Hilfe der Blogger den Zweck verfolgt, eine besser funktionierende Integration (bzw. Psychosythese in der Terminologie von Roberto Assagioli) der so unterschiedlichen Anteile/Variationen seiner Persönlichkeit zu erreichen. Im schlechtesten Fall ahnt der gerade vorherrschende Persönlichkeitsanteil nicht einmal, dass es auch völlig von ihm abweichende andere Persönlichkeitsanteile gibt.

Dies erklärt sich daraus, dass ein "Umschalten" vom ANP auf einen andersartigen Persönlichkeitsanteil nur in zwei Varianten und in großer Seltenheit erlebt wird. Ein mal in Form des schrecklichen, fast gewaltsamen Umschaltens auf das Freezing 2. Grades. Ein anderes mal in Form des himmlisch wirkenden und Euphorie auslösenden, sanften Umschaltens auf den EP1, den Emotionalen Persönlichkeitsanteil im parasympathischen Modus des limbischen Systems. -
Schöner geht es nicht mehr; der Blogger hatte solche "lucida intervalla", wie er sie vor zehn Jahren gelegentlich mitten in der Nacht bei geöffneten Fenstern und geräuscharmer Umgebung  erlebt hatte, stets vergeblich zu beschreiben und seinen Mitmenschen zu erklären versucht. - Für den Blogger selbst waren diese Erlebnisse die selbst erlebte Grundlage seiner Erkenntnis, dass die Bewegungsstörungen des Morbus Parkinson einer psychiatrische Erklärung und Behandlung bedürfen, wenn ihre medizinische Therapie nachhaltigen Erfolg haben soll.

Denn eine gehende Fortbewegung auf zwei Beinen ohne jegliche Verzerrungen des motorischen Ablaufs waren und sind stets möglich - wie sich zehn Jahre später, also auch jetzt zeigen sollte.
Sie sind möglich, aber nicht erzwingbar. Der Wille spielt hierbei keine Rolle.  Vgl auch Janice Hadlock's (DAOM) Erkenntnisse über "Stuck on Pause",  dargestellt im Post vom 16. März 2018 in diesem Blog.

6. EP 2 fürchtet Überlastung
Dieser ANP verbleibt im No-Freeze-Modus und analysiert sachlich in seiner beschränkten Kapazität: Die Mutlosigkeit des EP 2 ist nachvollziehbar, denn man hat ja auch die noch draußen wartenden Risiken - bei Regen eine Stunde Fahrt mit dem pedelec-Dreirad nach Eimsbüttel und das trickreiche Einparken dort in der Tiefgarage - zu bewältigen. Und dann noch mit viel Gepäck in den 2. Stockwerk die Treppen hinauf... und jede Menge undurchschaubare Anträge auszufüllen, Papierarbeit und Schriftkram dort am Ziel zu erledigen.

7. EP 2 kommuniziert sachlich mit ANP 1 (kontrollierter Modus)
ANP entscheidet "vernünftig" und ohne großes Lamento: Wenn ich jetzt schon nicht mehr weiss, ob ich draußen auf der Straße links oder rechts herum abbiegen soll, dann bleibe ich besser hier im Haus mit Garten und warte eine Besserung der Lage ab. Bis dahin bleibt eine Störung des Bewusstseins und der Orientierung eben bestehen. Wen kümmert's?

8.  Beide neurologischen Modi kooperieren nun
Die so erlebte unspektakuläre Kooperation von ANP (im kontrollierten Modus) und EP 2 (im sympathischen Modus des limbischen Systems) erfreut - jetzt ex post betrachtet - den Blogger.

9.  Re-Orientierung wird dadurch ermöglicht
Etwa 5 Stunden später war das Drehbuch des Blogger-Lebens ohne gezieltes Nachdenken wie ein Puzzle "von selbst" wieder komplettiert. Die Störung war erst- und bisher einmalig.
Auf den Grund gehen und ein Seepferd finden!

10.  Psyche fordert Erklärung und bekommt diese nachgeliefert: (ANP 1 &  EP 1) = Stabilität durch Überwindung der Dissoziation
(vgl. auch Post vom 27.01.2015 und vom 15.02.2015 in diesem Blog zum Thema des Umschaltens von dem einen auf einen anderen Modus des Zentralen Nerven-Systems)

Fazit:
Ohne gekonnte zügig folgende psychiatrische und neurologische Untersuchungen wäre die geschilderte Störung als "kleiner Horror" im Nervensystem hängen geblieben. Nun aber gibt sie Anlass zur Ermutigung und Zuversicht. q.e.d.
(und vgl. auch Post vom 11.05.2017 über dissoziative Störungen von Parkinson-Patienten inkl. Blogger; und vom 10.02.2017, dem eigentlichen Start-Schuss für den Wettlauf der Abkehr von der Strukturellen Dissoziation durch Eigenbehandlung mit Verhaltenstherapie: das Ich gegen das Es würde Sigmund Freud heute vielleicht sagen) 

Vater unser, der Du so liebevoll das Universum erschaffen hast, Dein "Seepferd" dankt Dir für das Sonnenlicht, das heute am 11.10.2018 auf dem Balkon in Eimsbüttel die Luft und mein Herz erwärmt. Dein Rudi Traugott


EXKURS "Herzwege"
Der Blogger betont diesen Hinweis auf seine geistige Vorbereitung für die unumgängliche Bewertung und Interpretation der Geschehnisse während der vergangenen 4 Wochen. Kognitiv restrukturieren kann nur derjenige, der die Richtung wenigstens erahnt, in die es gehen soll.  

in: Rudy Vandercruysse: Herzwege - Von der emotionalen Selbstführung zum meditativen Leben, Stuttgart 2005, S. 155

Über diese Phase der Inangriffnahme ( Englisch: inception) einer ungewohnten Aufgabe hat Rudy Vandercruisse in: Herzwege - Von der emotionalen Selbstführung zum meditativen Leben, Stuttgart 2005, sich so geäussert: vgl Scan, S. 155, s. o: Die Vernunftwelt überwinden durch ein Vorstoßen in die geistige Welt.

Das Thema "Herz-Wege" wird im nächsten Post erneut aufgegriffen. 

Rekorde purzeln!
und soeben, um 19.45 Uhr am 15.10.2018 stellte der Blogger einen weiteren Motorik- und Mobilitätsrekord auf: Bei sehr schwachem Aussenlicht nach Untergang der Sonne 100 Meter freies Gehen barfuss auf reichlich unebenem Boden voller Herbstblätter, Eicheln, Walnüssen und Kastanien ohne jede parkinson-typischen Symptome, Hemmungen oder Verzögerungen - nach 12 Stunden medikamenten-freier Bewegung; 
Heute Nachmittag ging der Blogger schon die gleiche Strecke barfuß im Sonnenschein über 45 Minuten immer quer durch die den Boden verzierenden Blätter und Baumfrüchte. - Ein Fakir hätte seine Freude daran gehabt!
Die letzte L-Dopa-Dosis von 25 mg synthetisches Dopamin um 8 Uhr morgens, 
während der Vornacht 5 Kapseln Mucuna Pruriens "Juckbohne" mit je 40 mg pflanzlichem L-Dopa.

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