Eine Genesung von seiner Parkinson-Erkrankung kann der Patient nur erreichen, wenn er die mentale Grundbedingung revidiert, die - ohne sein aktives Handeln - eine anhaltende Störung seines zentralen Nervensystems bewirkt hat.
Die Leiterin des Projektes, Dr. Janice Walton-Hadlock in Santa Cruz (California, USA), bezeichnet die vorgenannte anhaltende Störung des zentralen Nervensystems als "dissociation", was man im Deutschen mit dem Begriff Selbst-Distanzierung oder Selbst-Entfremdung übersetzen könnte. Nun wäre nur noch zu klären, was sich hinter diesem Begriff verbirgt:
Dissociation = Selbst-Distanzierung
Wer bin ich? Wer oder was ist das Selbst? Von wem oder was distanziert es sich? Oder ist es umgekehrt, nämlich so, dass sich jemand - wer auch immer - vom Selbst distanziert? - Bevor diese Fragen nicht klar verstanden und beantwortet sind, kann kein Parkinson-Patient genesen.
Die Selbst-Distanzierung - so weist das Parkinson Recovery Project nach - geschieht nicht durch einen Willensakt des Betroffenen, sondern ist ursprünglich eine natürliche Reaktion seines Körpers auf eine körperliche oder seelische Verletzung (Trauma). Im Gegensatz zu den vielen körperlichen und seelischen Verletzungen, die fast jeder Mensch zu ertragen und zu verarbeiten hat, trifft das Trauma des noch nicht erkrankten, späteren Parkinson-Patienten auf eine besondere Konditionierung. Diese Konditionierung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Betroffene erlittenen Schmerz langfristig und nachhaltig verdrängt und zwar in Folge einer Grundhaltung, bei der Schmerzen und andere Emotionen kontrolliert, d. h. in ihrer Wirkung eingeschränkt werden. Um es zusammenzufasssen: Eine ganz alltägliche typische Reaktion des zentralen Nervensstems auf Verletzung und Schmerz löst sich normalerweise, sobald "das Schlimmste vorüber ist". Beim Parkinson-Aspiranten löst sich diese Reaktion aber nicht. Sein Biosystem kriegt niemals die Nachricht: Gefahr gebannt, Ausruhen und Erholen hier am sicheren Ort. Dies macht ihn zum Parkinson-Patienten.
Schreck-Starre ?
Dr. Janice Walton-Hadlock veranschaulicht diesen Vorgang so:
Wenn eine Maus von der Katze gefangen wird, kriegt sie einen Schreck. Die Katze tötet sie nicht gleich, sondern spielt mit ihr herum. Dabei geschieht es häufig, dass die Maus sich "tot" stellt, eine unwillkürliche Überlebensreaktion ihres Nervensystems Wendet sich die Katze dann uninteressiert an dem "leblosen Kadaver" von eben diesem ab, so berappelt sich die Maus und schleicht in ihr sicheres Versteck. - anders als der Parkinson-Patient, der sich zwar fortschleicht, aber einen für ihn sicheren Ort/Hort niemals erreicht. Er verbleibt sozusagen im Stadium der Flucht-Angst.
Abschottung von Empfindungen
Der frisch gebackene Parkinson-Patient hat sein mentales Wahrnehmungssystem so eingerichtet, dass Schmerz und Trauer ihn nicht mehr verletzen können. Aber hierin zeigt sich für ihn der Pferdefuß:
Seine Abschottung von den unangenehmen Gefühlen bedeutet auch gleichzeitig seine Abschottung von den angenehmen Gefühlen, wie z. B. Lebensfreude und menschliches Mitgefühl, Teilhabe an der Freude anderer.
Das Arge ist für den Parkinson-Patienten, dass er durch Einsatz seines Verstandes, seiner Vernunft die biochemische und bioelektrische Konditionierung seiner Gefühlsabschottung nicht rückgängig machen kann. Die Abschottung ist quasi - für immer - eingerastet. (vgl. hierzu Dr. Janice Walton-Hadlock)
Sein Biosystem verkennt die Situation: Er ist in Sicherheit, aber sein Biosystem vermag dies nicht zu erkennen. Nun produziert das Biosystem laufend die unpassenden Neurotransmitter und bioelektrischen Ströme in den Nerven und Meridianen. Dies ist das Krankheitsbild Parkinson.
Überwinden der Selbst-Distanzierung, d. h. der Dualität
Die links oben in diesem Posting gezeigte Grafik in gelber Farbe ist das Logo des Benediktinermönches und Zen-Meisters Willigis Jaeger. Sein Logo ist hier abgebildet, weil es grafisch erkenntlich macht, worum es bei der Überwindung der Dualität (wozu auch die Selbst-Distanzierung zählt) geht. Es geht kurz gesagt um das Selbstverständnis des Menschen als Bestandteil des Kosmos (Welltalls). So abstrakt dieses klingen mag und so wenig konkret - im Nachfolgenden wird an Hand des alltäglichen Sprachgebrauchs nachgewiesen, dass der Mensch durchaus und tagtäglich verstandesmäßig realisiert, was Dualität ist.- Ein Weg zur Überwindung dieser Dualität oder auch nur das bewusste Umgehen mit ihr liegen für ihn jedoch in weiter Ferne.
Reines Ich und selbsternanntes Ego (Engl.: mere I versus ego-self)
Schauen wir uns die gelbe Grafik an:
Wir sehen auf dem kräftig gelben Hintergrund einen Kreis, der in schwach-gelber Farbe gezeichnet ist.
In der linken oberen Hälfte der Grafik fällt uns ein kräftig weiß gezeichneter Kreisabschnitt ins Auge, der den Rahmen der Grafik sprengt, d. h. darüber hinaus geht.
Beide Kreise, der schwach gezeichnete und der kräftig weiß gezeichnete Kreisabschnitt, überschneiden sich mit etwa einem Viertel ihrer Fläche.
Nun nehmen wir an, dass der schwach-gelbe Kreis das reine (oder. bloße) Ich darstellt, während der kräftig-weiße, nur zum Teil gezeigte Kreis das selbsternannte Ego kennzeichnet.
Jeder erkennt an diesem Bild, wie das selbsternannte Ego über den Bereich des reinen Ich herausragt. Sie sind beide, das reine Ich und das selbsternannnte Ego, von vergleichbarer Form (beides sind Kreise), aber es ist schon erkennbar, dass das selbsternannte Ego (der Kreis mit dem kräftigeren Strich) stärker in Bewegung ist und das gesamte Bildnis dominiert.
Das reine Ich
"Rein" bedeutet in diesem Zusammenhang: unvermischt, frei von Verunreinigung. Das reine Ich manifestiert und lokalisiert sich im Leib. Das reine Ich ist die natürliche Anwesenheit, die natürliche Personifizierung, erfahrbar im Hier und Jetzt. Der vom reinen Ich erkannte Körper mir dem ihm zugehörigen Verstand bilden eine Einheit, den Verstand-Körper-Komplex (mind-body complex). Das reine Ich ist selbstlos, es unterscheidet nicht zwischen sich und seiner Umgebung. Es versteht sich vielmehr als integraler Bestandteil dieser Umgebung. Es existiert unabhängig von einer Wahrnehmung durch einen anderen Menschen, ja unabhängig von seiner Selbstwahrnehmung. Das reine Ich existiert also auch im Zustand der Ohnmacht, der Narkose und Hypnose sowie im Koma. Das reine Ich ist individuell, d. h. nicht identisch mit den reinen Ichs anderer Menschen. Im reinen Ich begegnet der Mensch der Seinsebene. Mit dem reinen Ich genießt er das Grundvertrauen in den Kosmos. Das reine Ich ist stabil, d. h. es verändert sich nicht im Zeitablauf. Es verändert sich nur der Verstand-Körper-Komplex, in dem es sich manifestiert.
Die koreanische Zen-Meisterin Daehaeng Sunim beschreibt es so:
In sich selbst stiller Zeuge der eigenen Gedanken und Handlungen zu sein, heißt beobachten, wie Gedanken und Taten des selbsternannten Ego zum reinen Ich zurück kehren. „Das reine Ich ist genau dort, wo wir uns bemühen, es wahrzunehmen“
("Der Mensch ist integraler Bestandteil eines intelligenten Kosmos", Willigis Jaeger)
Das reine Ich kann weder mit dem Konzept der Freudschen Psychoanalyse noch mit dem Konzept von Körper/Geist/Seele interpretiert werden. Auch religiöse Kategorien spielen in diesem Zusammenhang der Interpretationen der Wortinhalte keine Rolle; der gedankliche Ansatz ist anthropologischer Art.
Das selbsternannte Ego
"Selbsternannt" heißt dieses Ego, weil es aus sich selbst heraus keinen Bestand, keine Existenz hat. In Form eines Trugbildes erwächst das selbsternannte Ego aus unserer gedanklichen Vorstellungskraft. Aus sich selbst heraus ist es ein Nichts. Wenn das reine Ich einmal stirbt, ist das selbsternannte Ego "wie weggeblasen" bzw. "vom Winde verweht", spurlos verschwunden. Leider gilt das spurlose Verschwinden nicht für die Folgen und Auswirkungen der "Un-Taten" des selbsternannten Ego. Verletzte und Zerstörtes jeglicher Art bleiben zurück. Das selbsternannte Ego ist süchtig nach sich selber, kann nie von sich selbst genug bekommen. Das selbsternannte Ego ist flatterhaft, es verändert sich ständig. Es bewegt sich mit Fleiss in Form einer permanenten Fluchtbewegung auf der Zeit-Schiene. Es träumt von zukünftigem Glück oder klammert sich an alte Verletzungen oder Widersacher der Vergangenheit. Das selbsternannte Ich vermeidet das Hier und Jetzt - sobald es aber doch in die Nähe des reinen Ich kommt, beginnt es, seinen "Widersacher", das reine Ich herunterzumachen; zu verachten, zu negieren usw. In der Wahrnehmung der Zeit manifestiert sich das selbsternannte Ego.
(Die hier verwendeten Begriffe und Unterscheidungen stammen aus der Publikation Seiner Heiligkeit des Dalai Lama: "How to See Yourself As You Really Are - A Practical Guide to Self-Knowledge", London 2006/2008)
In der Literatur zum Parkinson's Recovery Project wird das selbsternannte Ego als "self", das reine Ich als "Self" - also mit großem S geschrieben - bezeichnet.
Neuropsychologischer Ansatz:
Der Pfad zur Parkinson-Erkrankung
Der Leib ist der Ort, an dem sich das Wesen des Menschen manifestieren will. Was passiert aber, wenn das selbsternannte Ego - wie in dem gelben Schaubild am Anfang dieses Posting dargestellt - die vom Leib gesetzten Grenzen überschreitet? - Wenn das Wesen des Menschon vom selbsternannten Ego derart fehlinterpretiert wird, dass es quasi mit Gewalt getrieben die Grenzen des Leibes permanent und nachhaltig überschreitet, meldet sich der Leib zurück. Als "Wohnort" des reinen Ich (die überlebenswillige Natur) meldet sich der Leib zurück in Form von Schmerzen und Krankheiten.
Das menschliche Wesen kann sich nicht selbst aus seinem Leib (mind-body complex) entlassen. Es kann vorübergehend in Form von "Expeditionen" extreme Ego-Aktivitäten erkunden; es muss jedoch noch stets rechtzeitig selbst erkennen, dass eine Umkehr, zurück zum reinen Ich nötig ist - da die eigenen Kräfte offenbar nicht ausreichen, um das menschliche Wesen außerhalb seines reinen Ich lebendig, d. h. handlungsfähig zu erhalten.
Wohlgemerkt: Für Parkinson-Patienten ist eine Situation typisch, in der die "Überheblichkeit" seines selbsternannten Ego darin besteht, dass es erkannt zu haben glaubt und sich damit abgefunden hat, dass niemand außer ihm selbst alle Probleme des Lebens regelt. Beim Parkinson-Patienten schlägt dann die Erfahrung seiner Ohnmacht um in den - allerdings hoffnungslosen - Glauben an seine Allmacht.
Es geht nicht um Moral oder Gläubigkeit
Die geschilderte Ohnmachts-/Allmachtsspaltung kann nicht a priori mit einer atheistischen oder existenzialistischen Grundlebenshaltung des Parkinson-Patienten fehlinterpretier werden. Dies zeigt schon die Tatsache, dass Papst Johannes Paul II und die Nonne Marie Simon-Pierre schwer an der Parkinson-Krankheit litten.
Exit strategy
Jede Strategie zu einer Genesung von der Parkinson-Erkrankung muss nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Parkinson Recovery Project folgende Schritte erfolgreich gehen:
1. Verletzungen (körperliche und seelische) mit professioneller Hilfe ausheilen
2. Prädisposition der Ohnmachts-/Allmachtsspaltung (Englisch: dissociation) selbst revidieren
Im nächsten Posting wird eine Indianergeschichte erzählt, die für jedermann klar macht, wie sich das reine Ich vom selbsternanten Ego unterscheidet und wie der Mensch mit beiden umgeht. Für den Parkinson-Patienten ist der richtige Umgang mit diesen beiden Begrifflichkeiten lebensnotwendig.
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